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Ing. Anton Salzmann: Baubiologisches Wohnen und Arbeiten

Interviewpartner ist Ing. Anton Salzmann, Seniorchef und Gesellschafter der Salzmann Ingenieure ZT GmbH in Bregenz. Aus den Erfahrungen des ersten Firmenbüros mit seinem problematischen Innenklima, geringer Luftfeuchtigkeit und elektrostatischer Aufladung suchte der Bauherr nach Lösungsansätzen, kam über Umwege zum Thema Baubiologie und hat danach mit Arch. Hans Purin (geb. 1933, Bregenz) den Typus für ein baubiologisch und ökonomisch nachhaltiges Haus, basierend auf früherer Bautradition, entwickelt und 1986 beim Bau des neuen Büros mit Wohnnutzung und dann eines Mehrfamilienhauses (Etappe 1: 2004, Etappe 2: 2008) in die Realität umgesetzt.


Wie kamen Sie als Maschinenbauer zur Baubiologie?

1976 haben wir ein Büro in einem Betonbau bezogen, heute bezeichne ich das in schärferer Wortwahl als einen klassischen „Bunkerbau“. Ständige Probleme mit elektrostatischer Aufladung, Funkenzug bei Tätigkeiten, frühe Müdigkeit. Nach langer Suche war der Tipp eines Baubiologen, die Luftfeuchtigkeit zu beobachten ein sehr hilfreicher Hinweis. Die Messung ergab ca. 30 % relative Luftfeuchtigkeit, nach Aussagen der Mediziner viel zu wenig. Ein mechanischer Luftbefeuchter mit Voreinstellung von 50% rF hat die Erleichterung bezüglich elektrostatischer Aufladung gebracht.<span > 
Mein Interesse für das Thema war freilich geweckt und ich habe begonnen meine Empfindungen für „wohlfühlen“ und „weniger wohlfühlen“ zu schärfen, ein interessanter Themenbereich war dann natürlich auch die Baubiologie.

Und zum Hochbau?

Das Elternhaus war ein Ziegelhaus, entstanden in den 30-er Jahren des letzten Jahrhunderts. Hygrometermessungen haben mir gezeigt, dass die relative Luftfeuchtigkeit sehr konstant ist. Auch bei der alten Heizung und den hohen Vorlauftemperaturen mit den Gußradiatoren, waren es an kalten Tagen nie weniger als 45% rF und ich hatte nie das Gefühl von Unwohlsein. Dann kam die Startphase für den Büro-/Wohnbau, wo wir jetzt sind. Ich habe mich mit Architekt Hans Purin unterhalten, wie können wir Häuser bauen, welche das positive Klima der Häuser (meines Elternhauses) aus den 30-er Jahren widerspiegeln?

Architekt Hans Purin absolvierte zuerst eine Maurerlehre bevor er sich der Architektur zuwandte und an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Roland Rainer studierte. Welche Überlegungen haben Sie gemeinsam angestellt und wie wollten Sie das „Wohlsein“ bauen?

Die erste klare Geschichte war, es muss ein Ziegelhaus sein, ein Haus mit dicken Mauern, ohne zusätzliche Wärmedämmung. Alle Fassadenmaterialien außen, die Innenmaterialien - wie Aufbauten, Putze und Farben bzw. Anstriche, natürlich, diffusionsoffen und keine Leichtwandkonstruktionen. Offen war die Ausführung der Decken, bis Architekt Purin die Idee mit der „Preußischen Kappendecke“ hatte. Das hat mir als Maschinenbauer, der viel mit Stahl zu tun hat, sofort recht gut gefallen.


Wie hat das nun in der Praxis ausgesehen?

Für die Decke, bestehend aus Normalformatziegeln im Segmentbogen von I-Träger zu I-Träger gemauert, haben wir eine Schalung konstruiert, damit diese einfach in kurzer Zeit vor Ort zu fabrizieren war. Der Bauablauf war umgedreht, zuerst wurde ein Stahlgerüst aufgestellt, dann gleich auch das Dach hergestellt, so konnte praktischerweise immer im Trockenzustand gearbeitet werden.
Ich muss ehrlich sagen, ich war damals mutig und hatte etwas Lust zur Provokation, da man den Leuten immer erzählt hat, es ginge nur „so“, anderes sei nicht machbar. Wir haben es bewiesen, es geht auch anders.

Wie sind die Erfahrungen in all den Jahren?

Was wir beim Bau noch nicht gewusst haben, war die Sache mit der Trittschalldämmung, da es auch keinen schwimmenden Betonestrich gibt. Auch dafür hat uns Architekt Purin eine alte klassische Bauweise als Alternative gebracht und zwar unter anderem mit Splittschüttung und doch Vollholzparkett als Belag. Die große Überraschung war, die Schalldämmung funktioniert auch beim relativ harten Holzboden recht gut.
Letztendlich haben wir das als Ergebnis bekommen, was man an Altbauten so schätzen kann – ein perfektes Raumklima. Wenn es bei längeren Hitzeperioden sehr heiß wird, steigt die Raumtemperatur nicht über 25 Grad. Viele Leute die kommen, sprechen uns auf das angenehme Klima an und sind ganz überrascht, wenn wir erzählen, dass wir keine Klimaanlage haben. Im Winter sinkt bei extremer Kälte die relative Luftfeuchte nicht unter 45%.
Ich denke, der gebrannte Ziegel hat einen sehr wesentlichen Anteil an der ganzen Raumqualität. In Gesprächen mit Baufachleuten, speziell meiner Generation, höre ich immer wieder die Bestätigung – ein massives Ziegelhaus ist eine Klimaanlage. Unsere Erfahrung aus den letzten 22 Jahren mit unseren Bauten kann diese Aussage nur bestätigen.

Vor einigen Jahren wurde praktisch nebenan eine Wohnhausanlage gebaut, gab es Konzeptänderungen?

Das Konzept war gleich, lediglich der Fußbodenaufbau wurde dahin geändert, dass eine Trittschalldämmmatte in die Konstruktion integriert wurde. Architekt war wieder Hans Purin.

Wie ist die Meinung bei den Leuten und Bewohnern?

Bisher gibt es auch von den Bewohnern in beiden Häusern nur positive Rückmeldungen, mit der Zeit wird das positive Wohngefühl als normal empfunden. Ein Mieter sagt, er hat sich noch in keinem seiner bisherigen Wohnungen gesundheitlich so wohl gefühlt. Was immer wieder kommt, ist die positive Rückmeldung von den Besuchern und die meisten Leute sind von den Decken absolut begeistert.

Gibt es noch einen „wesentlichen“ Punkt zu Ihrem Baukonzept zu erwähnen?

Ja doch, fast hätte ich es übersehen, dass Thema der Nachhaltigkeit. Nehmen sie 100 Jahre alte, ordentlich gebaute Häuser, die sind bis auf Malerarbeiten oder einer Putzausbesserung und Arbeiten an der Technik und Fenstern völlig intakt. Betrachten Sie den Raum in dem wir sitzen, in 22 Jahren musste noch nicht nachgemalt werden, der Außenputz vom Bürohaus ist eingefärbt und wurde noch nie gestrichen. Als Hausbesitzer kann ich mir aussuchen, wenn die Fassade einmal nicht mehr ganz schön ist, führe ich die Arbeiten im heurigen Jahr oder erst in 5 Jahren durch, wenn ich das Geld dafür habe. Der Ziegel hat seine Eigenschaften auf Dauer, beim Putz habe ich keinen Wartungsaufwand.
Es gibt viele Leute, die bauen mit 35 oder 40 ein Haus, haben es mit 60 abbezahlt und mit 65 beginnen die Reparaturen, weil Sanierungsmaßnahmen anstehen. Das massive Ziegelhaus ist einfach eine Wertanlage, für mich eines der wichtigsten Argumente.

Vielen Dank für das interessante Gespräch mit dem Verband Österreichischer Ziegelwerke!