x
Bild des Architekten

Klaus Nötzberger: Außenwandkonstruktionen aus Ziegeln

Architekt Prof. Klaus Nötzberger ist Absolvent der Akademie der Bildenden Künste in Wien, hatte Arbeitsaufenthalte in den USA und in der Schweiz, war Mitarbeiter bei Architekt G. Peichl und hat verschiedene Preise erhalten, unter anderem den Kardinal-König-Preis, den Staatsehrenpreis für Möbel und den OÖ. Landeskulturpreis für Architektur.

 

 

In einer großangelegten Studie wurden von den Ziegelindustrien der Länder Deutschland, Österreich und der Schweiz die ökologischen und wirtschaftlichen Langzeitwirkungen des Bauens mit Ziegeln untersucht. Zwei wichtige Abschnitte sind die Ökologische Bewertung und die Betriebswirtschaftliche Bewertung von Ziegel-Außenwandkonstruktionen. Die Untersuchungen zeigen, dass einschalige und zweischalige Ziegelwandkonstruktionen, insbesondere wegen Ihrer Langlebigkeit und wegen Ihres geringen Instandhaltungsaufwandes, sehr empfehlenswert sind. Zu diesem Thema wurde folgendes Interview geführt:


Viele Ihrer Bauten bestehen aus zweischaligen Ziegel-Außenwandkonstruktionen. Was bevorzugen Sie an dieser Bauweise ?

Durch die konsequente Trennung der Funktionen einer Außenwand in drei Schichten kann einerseits den statischen Erfordernissen aber auch den bauphysikalischen Erfordernissen voll Rechnung getragen werden. Andererseits bleibt noch viel Spielraum für architektonische Gestaltung. Viele meiner Bauten verwenden Elemente der traditionellen regionalen Architektur. Weiterere Aspekte sind für mich die Langlebigkeit der Wandkonstruktion und der ökologische Gedanke, da diese Wandkonstruktion trennbar und problemlos recyclbar ist.


Aus der Vielzahl gebauter Objekte und den daraus resultierenden praktischen Erfahrungen – auch mit den konstruktiven Details, haben sich Ihre Erwartungen erfüllt ?

Meine Erfahrung zeigt die große Praxistauglichkeit. 1985 wurde das Gemeindezentrum Marchtrenk in zweischaliger Bauweise errichtet. Auf Grund der überaus positiven Erfahrungen der Gemeinde, unter anderem mit dem niedrigen Heizenergieaufwand, wurde der konkrete Wunsch geäußert, die Bauweise für den Bauhof und das Musikheim in Marchtrenk (Errichtung 1994) möge wieder die gleiche sein wie beim Gemeindezentrum. Wichtige Aspekte sind für mich, dass die durchgehende Dämmschicht viele Fehler "verzeiht" und der Dampfdiffusionswiderstand von innen nach außen abnimmt. Durch meine Tätigkeit als Sachverständiger für Versicherungen komme ich mit vielen Baumängeln in Berührung. Meine Erwartungen erfüllten sich auch bezüglich der völligen Rissefreiheit in der Fassade und es besteht ein angenehmes Wohnklima - im Sommer und Winter - durch optimale Wärmespeicherung und optimale Wärmedämmung.


Häufig wird das Argument der aufwendigen Bauweise und hoher Investitionskosten gegen eine zweischalige Außenwandkonstruktion ins Treffen geführt ? Welche Erfahrungen haben Sie damit ?

Das tragende Ziegelmauerwerk ist sehr rasch aufgemauert. Die Wärmedämmung, die Ziegel-Außenschale und der Außenputz sind der logische zweite Schritt nach der Gerüstung. Viele Firmen sind von der Logistik nicht auf das Zweischalenmauerwerk eingestellt. Hier sind vor allem kleinere Firmen wesentlich flexibler und viele Betriebe haben nach ersten Erfahrungen die Vorurteile gegenüber der zweischaligen Bauweise fallen lassen. Mehrkosten sind vorhanden, allerdings sind diese - wenn ich meine positiven Erfahrungen gegenüberstelle - als gering zu bezeichnen. Konkret betrugen die Mehrkosten bei einem Objekt mit Gesamtbaukosten von 34 Millionen Schilling durch die zweischalige Bauweise circa 1,5 Prozent.


Zweischalige Bauweise ist oft auch Sichtziegelbauweise. Verwenden Sie den Ziegel als Sichtelement ?

Beispielsweise wurde bei der Raiffeisenkasse Gaspoltshofen der Ziegel bewusst als Sichtelement eingesetzt. In diesem Gebiet ist seit mehr als hundert Jahren im ländlichen Bereich das Sichtziegelhaus vorherrschend. Der Sichtziegel wurde beim Traufengesimse, bei der Fensterumrahmung, beim Sockel und auch im Innenbereich verwendet. Die Verwendung traditioneller Elemente der Region ist gewissermaßen eine Verbeugung vor der Tradition.


Das Thema Niedrigenergiehaus ist fast allgegenwärtig. Dämmstoffdicken beherrschen dieses Thema. Was meinen Sie ?

Ich bin seit 1973 Architekt und ich befasse mich seit dieser Zeit mit Niedrigenergiehäusern und deren Planung. Man darf aber bei der ganzen Diskussion um Niedrigenergiehausbau nicht den Fehler machen, dieses Thema nur auf die Dämmstoffdicke zu reduzieren. Viele Aspekte und Einflußfaktoren spielen beim Niedrigenergiehaus eine Rolle. Die Architektur muss und soll sich auch dem Thema Niedrigenergiehaus stellen. Bauen jedoch nur unter dem Aspekt Dämmstoffdicke zu betrachten, würde für mich Kulturverlust bedeuten.

 

Vielen Dank für das Interview!