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Georg W. Reinberg: Ökologische Architektur und der Baustoff Ziegel

Architekt Georg W. Reinberg wurde 1950 geboren und absolvierte seine Studien an der TU Wien sowie an der Syracuse University in New York. Neben seiner Tätigkeit im Büro ist er auch im Bereich der Forschung und im Unterricht tätig (u.a. Gastprofessur für Solar Architektur an der Donau Universität Krems).

 

Der Verband Österreichischer Ziegelwerke führte mit Herrn Arch. Georg W. Reinberg das folgende Gespräch.


Wie beschreiben Sie ihr Tun als Architekt?

Für mich ist das vor allem eine sehr schöne Arbeit – meine Ideen, Konzepte und Vorstellungen auch als geplante Objekte realisieren zu können. Darüber hinaus ist das auch eine sehr soziale Tätigkeit – im Büro mit den Mitarbeitern, mit den Bauherrn mit den Klienten und mit den Leuten auf der Baustelle.


In einer Beschreibung über Sie habe ich gelesen: Spezialgebiete – Ökologie, Solararchitektur und Baumanagement. Wie ist ihre Sicht dazu?
Reinberg:

Architektur ist mehr als Behausung oder Klimatisierung für die Menschen zum Leben und Arbeiten. Architektur ist für mich ein Kommunikationsmittel und künstlerische Arbeit, die über das rein vernünftig Erfassbare hinausgeht.
Architektur stellt die heutige Zeit dar, macht sich Gedanken über die Zukunft, ist eingebunden in gesellschaftliche und politische Aspekte.
Nach meinem Verständnis gibt es wesentliche Änderungen wie wir die Welt sehen (z.B. die Begrenztheit der Ressourcen, die hohe Zahl der Bevölkerung, der Anspruch auf hohen Komfort für viele, Demokratisierung aller Lebensbereiche etc.) aber auch viele neue Techniken und dies drückt sich in meiner Architektur aus. Für mich ist das eine ökologische Architektur, Solararchitektur oder auch experimentelle Architektur.

Der ganzheitliche Ansatz ist sowohl für unsere Bauten als auch für unsere Arbeit als Planer und Baukünstler wichtig. Wir erstellen Konzepte, führen die Planung durch und machen neben der Bauabwicklung auch die Finanzierungskontrolle. Nur damit – wenn man dies alles bearbeitet – lassen sich meiner Meinung nach neue Ideen auch durchsetzen. Wenn wir das ganze Paket in der Hand haben, können wir uns relativ frei bewegen und wirklich optimale Produkte für den Bauherrn liefern.
Der Abwechslungsreichtum in meiner Arbeit: Lehre, Planung, Baustelle, soziale Aspekte, Zeichnen usw. erzeugt für mich auch eine eigene Qualität.


Spielen die Themen Biologie und Ökologie in der „normalen“ Architektur eine Rolle?

In der Bau-Biologie gibt es einen starken Bedarf. Niemand möchte gerne in „giftigen“ Räumen arbeiten oder wohnen! Die Nachfrage zu baubiologischen Wohnqualität ist daher groß.
Mit Ökologie ist dies schwieriger, weil die Gesamtsicht weiter gefasst wird. In Österreich gibt es aber für ökologisches Bauen relativ gute Rahmenbedingungen.
Ökologie und Biologie ist auch eine Preisfrage. Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, nicht ökologisch zu bauen. Gesellschaftlich kommen nicht ökologische Bauweisen zunehmend teurer, dies steigert wieder die Motivation für die ökologische Bauweise.
Wobei der springende Punkt dort liegt, dass man dann, wenn man von Anfang an ökologisch denkt und entwirft, auch am Bau selbst wirtschaftlich vorteilhaft arbeiten kann. Wir haben zum Beispiel nachgewiesen, dass man bei Sonnenkollektoren und Fotovoltaikanlagen – bei den gegebenen Rahmenbedingungen – durchaus mit Amortisationszeiten unter 10 Jahren rechnen kann, nach dieser Amortisationszeit gibt es dann nur mehr Gewinn.
Facility Management und ähnliche Konzepte fördern die Gesamtsicht auf ein Gebäude, das heißt der Blick ist nicht nur mehr auf die Errichtung sondern auch auf den Betrieb gerichtet. Damit ist man schon in ökologischen Konzepten.


Welche Rolle spielen Ziegelprodukte für Boden, Wand und Dach bei Ihren Bauten?

Diese Produkte spielen eine große Rolle, aber es ist natürlich sehr unterschiedlich wie wir diese Produkte einsetzen. Als Architekt muss man auf den jeweiligen Fall reagieren und so setzen wir das Produkt ein oder auch nicht ein.
Für mich ist der Ziegel ein sympathisches Produkt. Bei der Wand wird der Ziegel häufig in Richtung Optimierung der Wärmespeicherung eingesetzt, d.h. eher schwere Ziegel – häufig in Verbindung mit Vollwärmeschutzsystemen. Sei es nun Kork, Mineralwolle, EPS oder andere Produkte. Wir haben aber auch schon Ziegel-Mehrschalenwandsysteme ausgeführt.
Ziegel als Beläge oder im Dachbereich sind immer wieder in Verwendung. Zum Beispiel kann man mit unterschiedlichen Dachziegeln sehr unterschiedliche Oberflächen erzeugen. Eine Wiener Tasche z.B. ergibt ein viel glatteres Bild als ein Strangfalzziegel.


Gibt es Ziegeleigenschaften, die Sie besonders schätzen?

Wie schon erwähnt, die Speicherkapazität, die Luftdichtheit im verarbeiteten Zustand, die relativ einfache Bearbeitbarkeit im Laufe der Zeit (leicht verständlich) und eine bessere Feuchtigkeitsregulierung als bei vielen anderen Stoffen.
Lehmputz unterstreicht bei unseren Bauten die Ziegeleigenschaften. Auf Ziegel kann man sehr schön und ohne Probleme den Lehmputz aufbringen. Unsere problemlosen Erfahrungen mit Lehmputz reichen hier schon 10 bis 12 Jahre zurück.


Stichwort Ziegelbauweise?

Wir bauen viel mit Ziegel sind aber nicht orthodox bestimmten Materialien verpflichtet. Wir versuchen ständig auf die spezifischen Anforderungen auch spezifisch zu reagieren.
Ziegel ist ein relativ flexibles Material. Es ist für mich faszinierend das gerade in dem Bau zu beobachten, wo ich schon seit 19 Jahren wohne. In den 60er und 70er Jahren war Flexibilität sehr wichtig, aber man dachte diese Flexibilität quasi im Voraus planen zu können und wurde damit teuer.
Wir haben eher in die Richtung argumentiert, wir machen „weiche“ Bauten, in die man eingreifen kann. Das ist nun tatsächlich so in diesem Ziegelbau mit aufgedübeltem Kork als Fassade. Es werden Fenster ausgebrochen, Fenster zu Türen erweitert, Fenster wieder zugemauert, Türen versetzt, ... usw. .
Und so haben wir durch die Möglichkeiten der Ziegelbauweise eine höhere Flexibilität als dies in den 60-er und 70-er Jahren mit den fix vergebenen „Flexibilitäts-Strukturen“ möglich war.


Ist das Thema „Passivhaus“ eine Modeerscheinung oder eine logische Entwicklung in der Architektur?

Passivhaus ist eines der Entwicklungskonzepte. Es ist faszinierend zu sehen, wie viele unterschiedliche Möglichkeiten es gibt, umweltfreundlich zu bauen. Die bestdefinierteste ist meiner Meinung nach das Passivhaus nach Dr. Feist.
Das hat uns Architekten viel Hilfe durch geprüfte Produkte und geprüfte Berechnungsmethoden gebracht, dadurch stehe ich diesem Konzept „Passivhaus“ sehr positiv gegenüber. Durch das Passivhaus sind auch viele Limits gesetzt worden, an denen die anderen Konzepte vergleichbar gemessen werden können. Es gibt aber auch z.B. Solarkonzepte, die die Limits von Dr. Feist noch weit unterschreiten können.
Wir verwenden selbst z.B. häufig Wintergärten. Wintergärten sind als Strategie das schwächste Instrument der Solarenergienutzung, weil die Ernte in Relation zur bestrahlten Fläche relativ gering ist. Etwas kurzsichtig hat man diese Art der Energiegewinnung abschätzig behandelt, aber ich denke, das ist unrichtig, weil hier nur Einzelaspekte gesehen wurden und weil sich auch die Wintergärten weiterentwickelt haben.
Die erste Generation der Wintergärten hatte eine Handsteuerung, die zweite Generation verwendete automatisierte Umluftwalzen und in unserer dritten Generation ist der Wintergarten immer in das Lüftungssystem des Hauses eingebunden. Wir nutzen das vorhandene Lüftungssystem um die Wintergartenluft gezielt zu übertragen und zu nutzen.
Im Projekt Salzburg Gneis-Moos z.B. konnte mit diesem System der Heizwärmebedarf um ca. 25 % reduziert werden.


Passivhaus und Ziegel?

Ein Vorteil der Ziegelbauweise, vor allem im Passivhausbau, ist die gute Dichtigkeit in fertigem Zustand. Wenn ich einen verputzten Ziegelbau habe, erreiche ich eine sehr hohe Luftdichtheit. Insofern ist der Ziegelbau für das Passivhauskonzept meiner Meinung nach besser geeignet als ein Leichtbau. Der Leichtbau ist an sich nicht so naheliegend für ein Passivhaus, weil er viel schwerer dicht zu kriegen ist und weil die Speicherkapazität des Massivbaus die Spitzen der Heizleistung besser dämpft. Darum wäre für mich die erste Wahl bei einem Passivhaus der Massivbau. Wir nehmen dann z.B. 25 cm Ziegel für die Außenwände mit einer entsprechenden außenliegenden Wärmedämmung.


Bauen und Technologie?

Ich stehe funktionierender fortschrittlicher Technik positiv gegenüber, wenn diese Vorteile bringt. Allen 6 Mrd. Menschen kann man darüber hinaus mit historischer Technik nicht menschenwürdige Behausungen bieten. Wir verwenden im Konkreten fortgeschrittene Glastechnologie, Fenstertechnologie, Lüftungstechnologie, natürlich auch neue Technologie in der Gebäudestruktur. Alte Normalformatziegel kann man ja heute schwer umsetzen. Moderne Ziegelprodukte kommen aus einer hoch entwickelten Ziegelproduktion, die aber letztlich auch ökologischer und umweltfreundlicher produziert werden, als alte Ziegelprodukte.


Der Verband Österreichischer Ziegelwerke dankt für das interessante Gespräch und wünscht Herrn Arch. Reinberg weiterhin viel Erfolg!