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Arch. Dipl.-Ing. Werner Stolfa: Dachausbau

Der unter Denkmalschutz stehende Zwettlerhof bildet zusammen mit der Erzbischöflichen Palais die südseitige Begrenzung des Stephansplatzes in Wien. Eine zweite Hauptansicht richtet sich gegen die schmale Wollzeile, dazwischen liegt der rechteckige, über zwei Durchgänge erschlossene Hof.

Das folgende Interview mit Arch. Dipl.-Ing. Werner Stolfa geführt.
Die ARGE Architekten Lindner-Schermann-Stolfa sind die Planer des Projekts Dachausbau Zwettlerhof der Erzdiözese Wien. 

 

 

Welche Geschichte bzw. welche Ausgangsituation gab es?

Das Stift Zwettl war an der Errichtung des Stephansdomes als Stifter beteiligt und hat ursprünglich diese Liegenschaft besessen. Das Gebäude war lange Zeit ein kleines Bürgerhaus, Anfang des 19. Jh. war es ein Biedermeierhaus mit Pawlatschen (Anm.: Begriff für die umlaufende Laubengänge der typischen Wiener Hinterhöfe) und dann in weiterer Folge zu einem palaisartigen großen Objekt ausgebaut.
Nach einer Aufstockung samt Dachausbau in den 60-er Jahren des 20. Jh. zeigt sich der Zwettlerhof als sechsgeschossiger Bau. Der vorhandene Dachstuhl wurde damals gehoben, die Hauptgespärre wurden durch Stahlrahmen ersetzt.
Im Erdgeschoss befinden sich überwiegend Geschäfte, in den Obergeschossen das Diözesanmuseum sowie Mietwohnungen und in den beiden obersten Geschoßen Büros kirchlicher Organisationen und Seminarräumlichkeiten dieser.
Vor allem das Dachgeschoß war von den bauphysikalischen Gegebenheiten für den Zweck nicht mehr geeignet, im Sommer extrem heiß und im Winter schwer warm zu kriegen. Die Belichtungssituation war schlecht, weil die Fenster so hoch eingebaut waren, dass man eigentlich nur gegen den Himmel schauen konnte und eine befriedigende Arbeitssituation für die Leute nicht erreichbar war.

Wie geht man an so ein Projekt heran? Welche Rahmenbedingungen waren seitens der Bauherrnschaft / des Denkmalamtes einzuhalten?

Mit einer ziemlich detaillierten Bestandsaufnahme, vor allem was die Substanz betrifft die bleibt, die Decke darunter, das Gesimse, die Kamine usw.
Folgende Ziele waren zu erreichen:

  • Schaffung von gut belichteten Büroarbeitsräumen in einer flexibel unterteilbaren leichten Tragstruktur.
  • Optimierung des. Flächenangebotes durch Nutzung derzeit nicht ausgebauter Bereiche. Klares Erschließungssystem mit geradlinigen Gängen die über Oberlichtbänder und neben den Büroräumen angeordnete Glasflächen ausreichend mit Tageslicht versorgt werden.
  • Barrierefreie Nutzbarkeit der Büro- und Seminarräume.
  • Integration der neuen Haustechnik.
  • Anbindung an das vom Bauherrn genutzte Nachbarhaus der Wollzeile.

Vom Denkmalamt war klar, dass wir in der sensiblen Lage, vor allem auf der Außenseite, das Volumen im Dach nicht verändern dürfen. Was uns allerdings zugestanden wurde war, zum Hof eine leichte Aufklappung des Daches zu machen. Wir haben dann wir ein nicht vertikales aber ein steil schräg gestelltes Fensterband um den ganzen großen Hof innen gezogen.

Gab es durch die Neuplanung Änderungen zu vorher?

Im Prinzip mussten die Dienststellen in beiden Geschoßen wieder untergebracht werden. Die Seminarräume wurden wegen der geringeren Störgefahr bei Abendnutzung in das Dachgeschoß verlegt, außerdem war die Möglichkeit oben etwas größere Räume zu schaffen und das neue Fensterband kann die drei Seminarräume gut belichten. Dieses Fensterband sollte von oben (vom Stephansdom) nicht sehr stark sichtbar sein und da ist die Idee mit den starren Ziegellamellen aufgekommen, weil wir für das Fensterband ohnedies einen guten Sonnenschutz benötigt haben.
Der starre Sonnenschutz aus den Ziegellamellen hat einige Vorteile:

  1. Er ist noch so durchlässig, dass es in den Räumen nicht zu dunkel wird
  2. Der sehr schöne Blick vom Hof Richtung Dom bleibt erhalten, dazu wurde nach verschiedenen Abstimmungen der fixe Winkel festgelegt

Der starre Sonnenschutz deckt das Lichtband quasi zu. Das hat sich sehr gut bewährt, sowohl vom Aspekt Sonnenschutz als auch vom Aspekt Blickabdeckung.

Wie kompliziert war die Baulogistik?

Die neue Dachkonstruktion wurde aus Fertigteilen, kombiniert mit schlanken Stützen aus Stahl (beim Fensterband) und Stahlbeton (im Bereich der Mittelmauer) errichtet.
Ein Kran wurde in den Nachbarhof gestellt. Ich war auch sehr oft auf der Baustelle. Im Verhältnis zur der von den Transporten schwierigen Lage, Fußgängerzone, in der Wollzeile kann man nicht stehen bleiben, Von Fiakern über Taxler, Linien- und Touristenbusse ist alles präsent, waren die Probleme sehr im Rahmen. Man musste im Prinzip alles über den Stephansplatz abwickeln. Mit Anlieferung in der Nacht, Hubarbeiten in der Früh und dann wieder weg. hat das gut geklappt.

Der Ziegel findet in zwei Ausprägungen eine Verwendung (Dachdeckung und Sonnenschutzblenden). Welche Deckung kam zur Anwendung?

Die Verwendung von Ziegeln in der traditionellen Doppeldeckung im Format Wiener Tasche entspricht dem ursprünglichen Bestand und war Vorgabe. Es wurde entschieden nur neue Wiener Taschen zu verwenden, nicht wie sonst manchmal bei solchen Aufgaben mit z.B. Farbschattierungen gearbeitet wird (Verwendung ALT – NEU oder „Altstadtpaket“). Man wollte einen einheitlichen Neuzustand, der einheitlich altert.
Es hat sich gezeigt, dass dieses Deckungsmaterial sehr gut geeignet ist, weil z.B. die ganzen Anpassungen an windschiefe Dachflächen mit so einem Deckungsmaterial sehr gut bewältigt werden können. Dieses kleingliedrige Deckungsmaterial lässt sich recht fein und optimal anpassen, komplizierte Dachflächen sind ohne einfügen von Fremdmaterial zu bewältigen.
Die Sonnenschutzblende aus Tonlamellen integriert das Bandfenster in die homogene Dachstruktur. Es hat sich auch herausgestellt, dass diese Sonnenschutz-Ziegellamellen doch sehr passgenau sind. Es hat alles sehr genau ineinander gepasst in die vorgefertigte Metallkonstruktion – drüber schieben und fertig.
Die Konstruktion steht seit zwei Jahren und es gibt keinerlei Probleme auch nicht bei starkem Wind und Schnee.

Wie lang dauerte der Planungsprozess? Wie lange die Bauphase?

Im März 2005 haben wir mit den ersten Überlegungen begonnen und der Baubeginn war ca. 1 ¼ Jahr später um den Sommer des folgenden Jahres. Der Ausbau, samt Abbruch des alten Daches der auch einige Monate in Anspruch genommen hat, hat 2 Jahre gedauert.
Im Keller war anstelle der nicht mehr nutzbaren Schutzräume aus 1940 eine Haustechnikzentrale samt Traforaum einzubauen. Ein neuer Aufzug für die barrierefreie Erschließung der Bürogeschosses wurde ebenfalls eingebaut.
In einer weiteren Bauetappe wird der fünfte Stock nach denselben Prinzipien wie das Dachgeschoss umgebaut.

Wie hat sich der Bauherr nach der Fertigstellung geäußert?

Grundsätzlich zufrieden, sowohl mit dem Raumangebot als auch mit der Nutzbarkeit der Räume. Auch mit den Materialien die verwendet wurden. Die Ziegellamellen waren eine gewisse Hürde, die Kosten zu schlucken. Die Vertreter des Bauherrn sind Architekten und haben Verständnis etwas Schönes machen zu wollen.
Es wurde ca. 15% mehr Fläche erzielt auch ohne großartige Dachaufbauten, nur durch Optimierung der Dachkonstruktion.

Vielen Dank für das interessante Gespräch mit dem Verband Österreichischer Ziegelwerke!